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Santorini - Die grösste Naturkatastrophe

Quelle: Griechische Inseln, Allianz Reiseführer, Verlag Karl Baedeker GmbH, D-73751 Ostfildern

Santorin oder Thira, "die Wilde", die südlichste der grossen Kykladeninseln, ist wegen der einzigartigen, vulkanisch geprägten Landschaft und den spektakulär gelegenen schönen Orten eines der attraktivsten Reiseziele in Griechenland.

Auf Santorin (nach der Schutzheiligen Santa Irene benannt) hat sich wohl die grösste Naturkatastrophe der Menschheitsgeschichte ereignet.

Um sich überhaupt bildlich vorstellen zu können, was auf Santorin ge- schah, bedarf es des Vergleichs mit einer der grössten Vulkanausbrüche der Neuzeit auf Krakatau (1883), der 36000 Menschen das Leben kostete, mit einer verursachten 40 m hohen Flutwelle insgesamt 300 Städte aller umliegenden Inseln zerstörte und eine bis 80 km hohe Wolke mit Asche, Bims und Gasen sowie eine Druckwelle bescherte, die mehrmals um den ganzen Erdball raste.

Der Eruption auf Santorin rund 3500 Jahre zuvor (ca. 1600 v. Chr.) erreich- te die beinahe unvorstellbare, vierfache Stärke des Krakatau-Ausbruchs.

Vor dem Vulkanausbruch war Santorin eine kleine und kreisrunde Insel ein aus mehreren verschmolzenen, scheinbar erloschenen Vulkankegeln be- stehender Kuppelberg, der sich majestätisch aus den Wassern erhob und eine üppige Vegetation mit Wäldern auswies.

Seit etwa 3000 v. Chr. lebten Menschen auf dem Eiland - bis um eben 1600 v. Chr. der Vulkan nach einer langen Ruhepause wieder erwachte. Die Katastrophe bahnte sich wohl über einen längeren Zeitraum an. Vermutlich erschütterten wochen- oder monatelang Gasexplosionen, Feuer- und Binssteinregen sowie Erdbeben die Insel. Und als die Lebensbedingungen untragbar wurden, verliessen die Bewohner wohl das Eiland, da Anzeichen, dass der noch folgende Vulkanausbruch Menschenleben forderte, nicht gefunden werden konnten.

Das Naturschauspiel erreichte seinen Höhepunkt, als der Vulkan infolge des enormen Gas- und Dampfdrucks in seinem Innern zerrissen wurde. Denn nachdem - wie beim Krakatau - kaltes Seewasser durch Felsrisse in den Berg gelangt war und sich dort mit heisser Lava vermischt hatte, war ein hochexplosives Gemisch entstanden, das durch die wenigen nicht durch Lava verschlossenen Schlote nicht mehr entweichen konnte.

Auch bei dieser Eruption dürften Asche und Bimsstein mehrere Kilometer in die Höhe geschleudert worden sein. Die Überreste des Santorin-Vulkans wurden mit einer 30 m starken Schicht glühender Asche bedeckt. Sogar auf dem Dodekanes, auf Zypern und in der westlichen Türkei sind bis zu 2 cm dicke Bimssteinschichten aus dem Ausbruch nachweisbar. Nachdem sich die Magmakammer unter den Schloten durch den Ausstoss von Aber- millionen Tonnen Lava entleert hatte, stürzte der grosse Vulkan in sich zusammen. Dabei entstand eine riesige Caldera (Einsturzkessel) mit steil abfallenden Wänden und einem Fassungsvermögen von etwa 60 km3, die nur noch die heute sichtbaren Teile Thira, Thirassia und Aspronisi stehen liess und in die sich das Meer ergoss. Ob der Bergeinsturz - wie beim Krakatau in der Sundastrasse - eine gigantische Flutwelle auslöste, die entfernte Küstengebiete verwüstete und in der in der Vergangenheit viele Wissenschaftler die Ursache für den Niedergang der minoischen Kultur vermuteten, konnte bisher nicht geklärt werden. Vermutlich brach die Magmakammer nur langsam in sich zusammen, ohne dass sich Tsunamis bilden konnten.

Sogar 3300 und 3600 Jahre nach dem gewaltigen Ausbruch ist die vul- kanische Tätigkeit nicht erloschen. 1707 entstand nach einer erneuten Eruption auf Santorin die Insel Nea Kameni. Sie ist mit ihren schwarzen Steinwüsten von beeindruckender Bizzarheit. Die jüngste Katastrophe auf der Insel ereignete sich 1956. Am 9. Juli erschütterte um 5 Uhr morgens ein Erdstoss mit der Stärke 7 bis 8 auf der Richterskala 45 Sekunden lang das Eiland. Dabei wurden 2000 Häuser zerstört. Zu beklagen waren zudem 50 Tote und 200 Verletzte.